Manchmal erzählen wir märchen

30 Thesen zum Theater der Zukunft

1.   Das Theater ist oft ein Gebäude - Haus, Lagerhalle, Baracke, Holzhütte, ganz egal - manchmal aber auch keines - weil es einfach nur stattfindet - irgendwo, in großen Städten und kleinen Dörfern, unter freiem Himmel, auf dem Wasser, manchmal sogar im Weltall. Oft ist das Theater dann spannender.

Theatertexte schreiben lassen

2.
Das Theater taucht an Orten auf, an denen man es nicht vermutet. Es durchsetzt die Wirklichkeit und verändert unseren Blick auf die Welt.

Stückentwicklung

3.
Das Theater produziert Bilder, immer wieder andere, immer wieder neue. Manchmal reproduziert es auch - das aber bitte nur dann, wenn dadurch etwas Neues erzählt wird.

Theaterprojekt

4.
Nur manchmal wird im Theater gesprochen. Das heißt, es muss nicht immer geredet werden, um etwas zu sagen. Manchmal ist weniger mehr.


5.   Wenn etwas gesagt wird, dann wählen die Theatermacher ihre Worte mit Bedacht.

 

6.   Die Sprache auf der Bühne soll nicht künstlich wirken, im Gegenteil: Figuren sprechen genauso wie Menschen sprechen. Sie nuscheln, plaudern, plappern, erklären, erörtern oder informieren, sie überliefern, überbringen und unterrichten, was sie aber auf gar keinen Fall tun, ist ständig zu schreien.

Ensemblenetzwerk

7.
Menschen sind Schauspieler und umgekehrt.

Dokumentartheater

8.
Sie sagen nicht immer
die Wahrheit.

Politisches Theater

9.
Sie kennen die Wahrheit nicht.


10.   Oft stellt sich die Vergangenheit retrospektiv betrachtet anders dar, als man sie selbst erinnert. Die Wahrheit ist daher ein fluides Konzept. Diese Tatsache sollten alle bedenken, die Theatermacher aber ganz besonders.


11.   Theatermacher, das sind alle Menschen, die sich zum Zeitpunkt der Proben und/oder Aufführungen auf dem Gelände eines Theaters befinden. Es macht keinen Unterschied, ob sie an den Seelen von Menschen herumschrauben (als RegisseurInnen, AutorInnen, SchauspielerInnen oder Ähnliches) oder einen Schraubenzieher in der Hand halten.


12.   Alle Beteiligten sind Menschen und werden als Menschen behandelt. Sie werden respektiert und für ihre Arbeit gelobt, wenn sie etwas Besonderes leisten. Manchmal ist der normale Theateralltag bereits außergewöhnlich, dann wird der oder die MitarbeiterIn zumindest gefragt, ob er oder sie noch kann. Lautet die Antwort „Nein!“, darf der oder die MitarbeiterIn nach Hause gehen. Das gilt für alle. 

 

13.   Weil der oder die MitarbeiterIn von Zeit zu Zeit nach Hause geht, hat er oder sie eines. Deshalb ist er oder sie ein zufriedener und ausgeglichener Mensch, der/die das Leben abseits des Theaters kennt.

 

14.   Die Theatermacher scheuen sich nicht davor Aussagen zu treffen, auch wenn das heißt sich selbst angreifbar zu machen. Die Theatermacher werden niemals allen Ansprüchen genügen, respektive ihr Theater wird niemals allen gefallen.

Der Mensch als Spieler
Die ganze Welt ist Bühne
Text und Inszenierung

15.   Das Gefallen sollte nicht die ausschließliche Bemessungsgrundlage für den Wert des Theaters sein. Das Theater muss nicht schön sein, oft ist es besser, wenn es sehr hässlich ist und dunkel.

 

16.   Angst vor der Dunkelheit ist der Theaterarbeit hinderlich.


17.   Angst überhaupt hat im Theater nichts verloren.


18.   Trotzdem muss das Theater Schreckliches zeigen: Vatermord, Muttermord, Kindermord, Selbstmord, Inzest, Selbstverstümmelung, Betrub, Raub und Krieg oder Liebe, Ehe, derbe Sexualität bis hin zum Obszönen sind Themen des Theaters, dargestellt in unerbittlichen Trägödien oder Satiren.

 

19.   Theater muss nicht immer Spaß machen.


20.   Trotzdem sollte das Theater seine ZuschauerInnen nicht quälen. 

 

21.   Es macht keinen Sinn ausschließlich das Leid auf die Bühne zu stellen. Es braucht noch ein anderes Gefühl - beispielsweise Freude, Glück oder Lust - um eine Zukunftsperspektive aufzumachen.

 

22.   Theater funktioniert dann wie ein Fenster in eine bessere Welt. Wir sind noch nicht da, aber wenn wir uns alle bemühen und fest zusammenhalten, haben wir eine Chance.

Theatertexte von Andrea Imler

23.
In diesem Sinne ist das
Theater optimistisch.

Theaterstücke von Andrea Imler

24.
Und so radikal utopisch.

Rechercheprojekt von Andrea Imler

25.
Wir beschwören eine neue Zeit.


26.   Wir machen konkrete Vorschläge.

 

27.   Nicht immer. Aber meistens.

 

28.   Manchmal lassen wir uns ablenken. 

 

29.   Manchmal erzählen wir Märchen. 

 

30.   Auch das ist gut.